Mar 03, 2018
In diesem Jahr fällt mir immer mehr ein bestimmter Beziehungstyp auf, der offenbar weit verbreitet ist und viel mit Angst vor Intimität auf beiden Seiten verbunden ist. Ich nenne diese Verbindung die „bindungsängstliche Beziehung“ oder kurz die „Krümel-Beziehung“, weil es dort keinen „Kuchen“ gibt, sondern nur „Krümel“ übrig bleiben. Es ist machmal schwer zu erkennen, dass man selber in einer solchen Beziehung steckt, da diese über viele, viele Jahre gehen kann und man mit Bindungsangst eher den Dauer-Single assoziiert.
Ich habe zu dem Thema Krümel-Beziehung auch einen passenden echten Case (Zuschrift) ausführlich auf meinem YouTube-Channel kommentiert. Du kannst dir das 10-minütige Video aber natürlich auch direkt hier anschauen:
Eine Krümel-Beziehung ist die Verbindung von einem Partner (und das ist keineswegs immer der Mann), der Angst vor zu viel Nähe, Verbindlichkeit, Intimität hat. Darunter liegt aber oft das Gegenteil, die tiefliegende Angst verlassen zu werden und nicht gut genug zu sein für echte Nähe und Intimität. Diesen Partner nenne ich gerne den Minus-Pol.
Auf der anderen Seite (und das ist nicht immer die Frau) gibt es einen Partner mit einem ängstlich-besorgten Bindungsstil, der immer zu kurz kommt in der Beziehung, mehr Nähe, mehr Verbindlichkeit, mehr Sex will. Darunter liegt aber meist kaum erkennbar eine eigene Nähe-Angst… warum sonst würde man sich immer wieder Partner suchen, die nicht wirklich verfügbar sind. Dies wäre dann der Plus-Pol.
In diesem Sinne sind ganz viele Menschen liebes-ambivalent, haben also einen Anteil Nähe- und Verlustangst in sich. Meist zeigt sich aber ein deutlich bevorzugter Bindungsstil. Auf jeden Fall ziehen sich Plus- und Minus-Pol wie magisch an.
Oft starten solche Beziehungen besonders schnell und intensiv, weil beide sich schon darum sorgen, was passiert, wenn die Ängste nach der ersten Verliebtheit plötzlich auftauchen. Irgendwann fängt der Minus-Pol aber an, sich zurückzuziehen, ohne dass es scheinbar einen Grund gibt (es gibt auch keinen, außer die Angst vor Nähe). Dies triggert die Verlustangst des Pluspols, und er fängt an zu leiden. In der Regel setzt sich der Partner mit seinen Wünschen in einer Beziehung durch, der weniger will… Also wird die Beziehung immer dünner, wie es für den Bindungsängstler (scheinbar) richtig ist.
Der Pluspol fängt nun an, alles mögliche auszuprobieren, jammern, klagen, sich selber zurück ziehen, Bücher zum Thema lesen usw… Leider ändert das nur wenig an der Grunddynamik. In vielen Beziehungen gibt der Plus-Pol irgendwann auf und akzeptiert zähneknirschend eine Beziehung, in der es entweder keinen Sex mehr gibt oder man sich nur einmal die Woche sieht. Warum geht er nicht einfach? Das hängt oft sehr viel mit der eigenen Biografie zusammen, viel aber auch mit der Hoffnung, die bekanntlich zuletzt stirbt… Und dann hat man ja auch schon „so viel investiert“… und nun einfach alles aufgeben? Bildlich gesprochen gewöhnt man sich immer mehr daran, dass es nur noch Krümel gibt, und keinen Kuchen mehr.
Karl kommt auf meine Couch. Er ist seit einem Jahr mit einer Frau zusammen, die sich immer wieder zurück zieht, obwohl sie zugleich immer wieder betont, wie sehr sie ihn lieben würde. Er ist verwirrt, möchte ihr einerseits Zeit geben, andererseits sieht er immer mehr, dass sie sich einfach nicht zu ihm bekennt. So geht sie zu Familienfesten alleine, plant Urlaub ohne ihn und lässt auch viele Gelegenheiten aus, wo man sich sehen könnte. Wir erarbeiten erstmals, was er sich eigentlich (mindestens) wünscht und wie er dies ganz im Sinne der wichtigen Eigenliebe vorbringen kann.
Seine Partnerin Silke scheint auch erstmal sehr verständnisvoll und verspricht, viele Dinge zu ändern. Auf die Dauer zeigt sich aber wieder das Muster, dass es zwar viele schöne Worte gibt, aber die Taten fehlen und viele Versprechen letztlich gebrochen werden.
Karl braucht viel Verständnis und auch einen Realitätsabgleich, dass seine Wünsche völlig in Ordnung sind und nicht etwa „anhänglich“. Aufgrund der Situation in seiner Herkunftsfamilie ist er einfach zu sehr daran gewöhnt, dass es selten um ihn geht. Als Silke ihn aber schließlich zu Weihnachten auslädt, sieht er, dass die Beziehung endgültig im „Krümel“-Status angekommen ist. Obwohl er noch viele Gefühle hat, verlässt er Silke, um nicht weiter etwas hinterherzurennen, das er doch nie bekommen wird.
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