Nov 11, 2020
Maren ist am Boden zerstört. Wie konnte ihr das nur passieren? Beziehungsweise wie konnte es soweit mit ihr und Steven kommen? Seit zwei Tagen ist sie nun Zuhause, unfähig arbeiten zu gehen oder sonstige soziale Kontakte zu pflegen. Wann sie das letzte Mal gegessen hat, weiß sie nicht mehr. Ihre Nächte bestehen aus kurzen Schlaf-Episoden und langen Heulkrämpfen. Maren spürt einen tiefen, innerlichen Schmerz. Einen Schmerz, der kaum zu ertragen ist und der es ihr unmöglich macht, ihren Alltag normal zu bestreiten.
Könnt ihr erkennen, was Maren gerade durchmacht? Sicherlich kennt ihr eine solche Phase auch, entweder von euch selbst oder von einem Freund, Arbeitskollegen oder Bekannten, den ihr hindurchbegleitet habt. Maren hat Liebeskummer. Einen Liebeskummer, der einem jeden klaren Gedanken raubt, der sich anfühlt, als ob er sie von innen heraus auffressen würde. Einen, dem sie nichts entgegenzusetzen hat.
Das besondere an Marens Liebeskummer ist jedoch, dass sie sich nicht von Steven getrennt hat und er sich auch nicht von ihr. Nein, sie führen noch immer eine Beziehung. Allerdings eine toxische. Von außen ist eine solche sehr leicht zu erkennen. Doch leben wir in ihr, durchschauen wir meist erst sehr spät, was vor sich geht. Leid, Streit, Tränen, Ängste bestimmen unseren Alltag und wir ahnen, dass das nicht „normal“ sein kann. Doch warum das so ist, wissen wir nicht. Es ist, als ob wir durch einen dicken Nebel laufen in der Hoffnung, dass sich dieser irgendwann auflöst. Wir hoffen, dass es sich doch eines Tages bessert, dass das nächste Gespräch Frieden stiftet, dass der andere doch noch erkennt, was er an uns hat, dass all das Leid und der Schmerz irgendwann Sinn machen. Einige glauben sogar daran, ihren Seelenverwandten getroffen zu haben, der ihnen beim persönlichen Wachstum hilft.
In 99,9% ist das jedoch eine Illusion, die uns noch länger in dieser zermürbenden Situation gefangen hält. Eine Hoffnung, die leer bleibt. Es wird nicht besser, nicht leichter, nicht angenehmer. Das Gegenteil ist der Fall. In einer klassischen toxischen Beziehung werden die Vorwürfe immer größer, der gegenseitige Respekt nimmt immer mehr ab, die Zuneigung zueinander verschwindet peu a peu. Nur eines bleibt: die Hoffnung. Denn jeder von uns wünscht sich, anzukommen. Den Partner fürs Leben zu finden, mit dem alles aufregend, spannende und liebevoll ist.