Oct 14, 2020
Ein Neuanfang ist fast immer aufregend und besonders, oft freuen wir uns schon Monate zuvor auf das Neue. Abschiede hingegen sind meist schmerzhaft und unschön, teilweise ängstigen sie uns sogar. Doch warum ist das so? Mit einem Abschied geht auch meist eine Größe einher, die wir Menschen nicht mögen: das Unbekannte, Unsichere. Etwas, dass wir (noch) nicht kennen, macht uns Angst. Ein Grund dafür, dass sich Menschen vor Abschieden und den damit einhergehenden Veränderungen fürchten, ist, dass sie sich nur auf das konzentrieren, was sie verlieren könnten. Die vielen Möglichkeiten, die ein Neuanfang bietet, erhalten kaum Beachtung. Das ist schade, denn wie Hermann Hesse schon treffend formulierte: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne…“. Doch genau diesem Zauber geben wir keine Chance, wenn wir vor lauter Angst vor dem Neuen beim Alten bleiben. Bleiben, auch wenn es uns nicht (mehr) guttut. Sei es im Job, in einer Beziehung, in einer Freundschaft, in einer Wohnung, in einem Verein.
Bei der Paartherapie kann man das oft beobachten. Viele Paare sind nur noch aus Gewohnheit zusammen. Glücklich ist dann keiner mehr von beiden. Aber es ist eben bequem und vermeintlich sicher. Eine Trennung würde bedeuten, die Komfortzone zu verlassen und sich dem unbekannten Neuen zu öffnen. Dem Zauber eines Neuanfangs. Natürlich lohnt es sich um eine Beziehung zu kämpfen, wenn sie noch am Leben ist. Doch immer wieder gibt es Paare, die erkennen müssen, dass ihre Beziehung nur noch auf dem Papier existiert. Viele verharren in unglücklichen Beziehungen, weil sie Angst vor dem Alleine sein haben, ja Angst vor dem was kommen könnte.
Doch traut sich Mann/Frau oder im besten Fall beide, den Schritt zu wagen und die Beziehung aufzulösen, ergeben sich ungeahnte Möglichkeiten. Das muss nicht zwingend direkt mit einem neuen Partner zu tun haben. Wenn man nach langer Zeit wieder alleine ist, ist das natürlich zunächst ungewohnt und schwierig. Doch es gibt auch die andere Seite der Medaille. Dieses alleine sein heißt auch, Zeit zu haben. Zeit für sich, für neue Hobbys, neue Begegnungen, neue Denkweisen. Meist geht damit auch eine neue Energie einher, die uns beflügelt. Wir fühlen uns leicht und unbeschwert. Doch natürlich erfordert dieser Schritt Mut und das Vertrauen darauf, dass uns der Zauber des Neuanfangs umhüllt. Das gilt auch für einen Jobwechsel, den Umzug in eine neue Stadt, das Loslassen von Freundschaften, die sich auseinandergelebt haben.
In der heutigen, schnelllebigen Zeit, in der wir sowohl unzählige Verpflichtungen als auch etliche Möglichkeiten haben, gibt es eine Ressource, die immer knapper zu werden scheint: Die Zeit. Unsere Zeit. Zeit, die zur freien Verfügung steht. Auf dieses kostbare Gut sollten wir achtgeben und sie mit dem füllen, was uns selbst erfüllt. Denn das macht das Leben erst lebenswert. Tage, Stunden, Minuten voller Glück, Liebe, erfüllenden Begegnungen, köstlichem Essen, wunderbarer Musik etc. Diese Liste ist unendlich erweiterbar. Unsere Zeit nicht. Das Leben ist endlich und vielleicht liegt genau darin der Schlüssel, mit dem wir die Türe für ein neues Bewusstsein öffnen können. Was erfüllt mich? Wie möchte ich mein Leben verbringen? Wer oder was macht mich glücklich? Wo fühle ich mich zuhause? Das finden wir nur heraus wenn wir mutig sind, unserem Herzen folgen und dem Zauber des Neuanfangs vertrauen.